Das Kˆnigreichsstatut

Staatsrechtlich betrachtet sind die Niederlande Teil des Kˆnigreichs der Niederlande. Die Beziehungen der einzelnen Reichsteile zueinander sind in einem Rahmendokument, dem so genannten Statut, geregelt. Es wurde 1954 durch Gesetz verabschiedet und schloss damals aufler dem europ‰ischen Teil des Kˆnigreichs, also den eigentlichen Niederlanden, und den Niederl‰ndischen Antillen auch Surinam ein, das 1975 unabh‰ngig wurde. 1986 erhielt die Antilleninsel Aruba einen Sonderstatus. Seitdem gelten die Niederlande, die Niederl‰ndischen Antillen und Aruba als gleichwertige Partner innerhalb des Reichsverbandes. Das Kˆnigreich ist also eine Art Fˆderation.
Das Statut ist die ranghˆchste staatsrechtliche Regelung des Kˆnigreichs und bestimmt unter anderem, dass Fragen wie die Wahrung der Unabh‰ngigkeit, die Landesverteidigung, die ausw‰rtigen Beziehungen, das Staatsangehˆrigkeitsrecht und Vorschriften ¸ber die Einreise, Abschiebung und Auslieferung von Personen in die Verantwortung des Kˆnigreichs fallen. Die Regelung solcher alle drei Partner betreffenden Kˆnigreichsangelegenheiten erfolgt durch Reichsgesetze und Reichsverordnungen. Das Statut verpflichtet die drei Reichsteile, einander Hilfe und Beistand zu leisten und miteinander ¸ber Angelegenheiten zu beraten, die ihre gemeinsamen Interessen ber¸hren.
Der niederl‰ndische Kˆnig ist Oberhaupt sowohl des Kˆnigreichs als auch jedes seiner Teile. Aruba und die Niederl‰ndischen Antillen - sie umfassen die Inseln Bonaire, CuraÁao, Saba und Sint Eustatius sowie Sint Maarten (die S¸dh‰lfte der Insel, deren franzˆsischer Nordteil Saint-Martin heiflt) - haben jeweils eine eigene Regierung und einen eigenen Gouverneur, der den Kˆnig vertritt. Die beiden Regierungen entsenden je einen bevollm‰chtigten Minister in den Ministerrat nach Den Haag, der damit gegebenenfalls auch als Ministerrat f¸r das gesamte Kˆnigreich fungiert. Reichsgesetze kommen im Zusammenwirken von Reichsregierung und Generalstaaten zustande. Als weitere Reichsorgane fungieren gegebenenfalls auch der Staatsrat und der Hohe Rat. Nach dem Statut ist die staatliche Organisation der Niederlande in der niederl‰ndischen Verfassung, die der Niederl‰ndischen Antillen und Arubas dagegen in gesonderten Gebietsverfassungen geregelt.

 


Die Verfassung

Auf dieser CD-ROM wird nur die Rechtsordnung der Niederlande und nicht die der anderen Teile des Kˆnigreichs behandelt. Grundlage der niederl‰ndischen Rechtsordnung ist die Verfassung. Sie steht in der Regel ¸ber gewˆhnlichen Gesetzen und kann nur unter strengen Auflagen ge‰ndert werden. Als Staatsform schreibt sie f¸r die Niederlande Monarchie und parlamentarische Demokratie fest. Im Einzelnen regelt sie unter anderem die Befugnisse von Parlament, Ministern und Kˆnig, die Funktionsweise von Kommunen und Provinzen, das Gesetzgebungsverfahren und die Rechtsprechung. Auflerdem sind in der Verfassung die Grundrechte aller B¸rgerinnen und B¸rger verankert, etwa die Meinungs-, Religions- und Unterrichtsfreiheit und das Recht auf Gleichbehandlung, aber auch ihre Pflichten wie beispielsweise die Schul- und die Steuerpflicht.

Die Grundordnung der Niederlande fuflt auf der Trias politica, also auf der Dreiteilung der Staatsgewalt in gesetzgebende, vollziehende und Recht sprechende Gewalt. Regierung und Parlament sind gemeinsam f¸r die Gesetzgebung verantwortlich. Die Regierung sorgt f¸r die Ausf¸hrung der Gesetze und wird dabei vom Parlament kontrolliert. Ob die Gesetze in der Praxis ordnungsgem‰fl angewendet werden, pr¸fen unabh‰ngige Gerichte.

 


Die Monarchie als Staatsform

Anders als in vielen westeurop‰ischen Monarchien gehˆrt in den Niederlanden das Staatsoberhaupt der Regierung an. Die niederl‰ndische Regierung besteht also aus dem Kˆnig und den Ministern.

Die Grundlagen f¸r die heutige niederl‰ndische Verfassung wurden 1848 geschaffen. Damals wurde festgelegt, dass die Niederlande eine konstitutionelle Monarchie mit parlamentarischem Regierungssystem, also eine parlamentarische Monarchie, sind. Auflerdem wurden die Unverletzlichkeit der Person des Kˆnigs und die Ministerverantwortlichkeit sowie die Wahl des Senats (Erste Kammer) durch die Provinzialstaaten und die Direktwahl des Abgeordnetenhauses (Zweite Kammer) eingef¸hrt.

Die Verfassung regelt die Verteilung der Regierungsbefugnisse zwischen dem Staatsoberhaupt und den anderen staatlichen Instanzen. Die Minister sind den Volksvertretern gegen¸ber f¸r das Handeln der Regierung verantwortlich. Der Kˆnig tr‰gt keine politische oder strafrechtliche Verantwortung, kann also vom Parlament nicht zur Rechenschaft gezogen werden.

 


Mitglieder des Kˆnigshauses und Thronfolge

In den Niederlanden unterscheidet man die Begriffe Kˆnigliche Familie und Kˆnigshaus. Nicht jedes Mitglied der Kˆniglichen Familie ist auch Mitglied des Kˆnigshauses. Wer Mitglied des Kˆnigshauses ist, ist gesetzlich festgelegt. Zum Kˆnigshaus gehˆren das regierende Staatsoberhaupt, das zur¸ckgetretene Staatsoberhaupt und die Mitglieder der Kˆniglichen Familie, die f¸r die Thronfolge infrage kommen. Die Ehepartner der Mitglieder des Kˆnigshauses sind ebenfalls Mitglied des Kˆnigshauses.

F¸r die Thronfolge kommen alle Mitglieder des Hauses Oranien-Nassau in Betracht, die bis zum dritten Grad mit dem herrschenden Monarchen verwandt sind. An erster Stelle steht sein ‰ltestes Kind. Hat der Kˆnig keinen gesetzlichen Thronerben, kˆnnen auch andere Familienmitglieder das Kˆnigsamt aus¸ben. Tritt ein neuer Kˆnig an, kˆnnen einige Mitglieder des Kˆnigshauses dadurch aus der Thronfolge ausscheiden.

Der Anspruch auf die Thronfolge endet, wenn ein Mitglied heiratet, ohne dass das Parlament dieser Hochzeit per Gesetz zugestimmt hat. Damit kann auch der Verlust der Zugehˆrigkeit zum Kˆnigshaus einhergehen. So geschehen bei zwei Schwestern und einem Sohn der Kˆnigin. Durch die Hochzeit ohne parlamentarische Zustimmung schieden Prinzessin Irene 1964, Prinzessin Christina 1975 und Prinz Friso 2004 aus der Thronfolge und aus dem Kˆnigshaus aus. Selbstverst‰ndlich bleiben sie Mitglied der Kˆniglichen Familie.

Wer Mitglied des Kˆnigshauses ist, ist 2002 im Gesetz ¸ber die Zugehˆrigkeit zum Kˆnigshaus geregelt worden. Mitglieder sind das regierende Staatsoberhaupt, das zur¸ckgetretene Staatsoberhaupt und dessen Familienmitglieder, die bis zum zweiten Grad mit ihm verwandt sind. Kraft dieses Gesetzes behalten die Mitglieder des Kˆnigshauses, die ihm bereits 2002 angehˆrten, die Rechte, die sie zu jenem Zeitpunkt besaflen. Daher bleiben die Sˆhne Prinzessin Margriets solange Mitglied des Kˆnigshauses, bis ihr Cousin, Prinz Willem-Alexander, den Thron besteigt. Die Zugehˆrigkeit zum Kˆnigshaus b¸flt auch ein, wer per Kˆniglichem Erlass aus ihr entlassen wird oder wer die niederl‰ndische Staatsangehˆrigkeit verliert.

In der Verfassung ist festgelegt, dass die Krone eines regierenden Monarchen im Todesfalle oder nach einer Abdankung auf den Thronfolger ¸bergeht. In der Thronfolgeordnung steht der ‰lteste Sohn Kˆnigin Beatrixí, Prinz Willem-Alexander, an erster Stelle, gefolgt von seiner Tochter, Prinzessin Catharina-Amalia. Danach folgen Prinz Constantijn, seine Tochter Eloise und sein Sohn Claus-Casimir. Die weiteren Anw‰rter auf den Thron sind Prinzessin Margriet und ihre vier Sˆhne.

 


Das Staatsoberhaupt

Eine der vielen Aufgaben des Kˆnigs ist die j‰hrliche Verlesung der Thronrede am ÑPrinsjesdag", dem dritten Dienstag im September, an dem die Sitzungsperiode des Parlaments feierlich erˆffnet wird. In der Thronrede werden die Pl‰ne der Regierung f¸r das kommende Jahr dargelegt.

Der Kˆnig spielt auch bei der Regierungsbildung eine wichtige Rolle. Nach den Wahlen ber‰t er sich mit den Fraktionsvorsitzenden des neu gew‰hlten Parlaments, mit den Pr‰sidenten des Senats und des Abgeordnetenhauses und mit dem Stellvertretenden Vorsitzenden des Staatsrates. Auf deren Empfehlung hin kann der Kˆnig einen sog. Informateur bestellen, der sondiert, welche Parteien zu einer Zusammenarbeit bereit sind. Da es in den Niederlanden noch nie einer Partei gelungen ist, die absolute Mehrheit zu erringen, gab es bisher ausschliefllich Koalitionsregierungen. Ist bereits klar, welche Parteien miteinander koalieren mˆchten, braucht kein Informateur bestellt zu werden.

Zus‰tzlich zu diesen formalen Aufgaben ber‰t sich der Kˆnig regelm‰flig mit dem Ministerpr‰sidenten, mit anderen Kabinettsmitgliedern und mit f¸hrenden Persˆnlichkeiten aus Wirtschaft und Kultur.

 


Koalitionsvertrag

Am Ende der Koalitionsverhandlungen steht schliefllich ein Vertrag, in dem die Pl‰ne der Koalition f¸r die bevorstehende vierj‰hrige Legislaturperiode festgehalten werden. Im Anschluss daran ernennt der Kˆnig einen sog. Formateur, der mit der Regierungsbildung beauftragt wird. Meist wird der Formateur selbst Ministerpr‰sident in der neuen Regierung. Nach ihrer ersten Sitzung werden die Minister vom Kˆnig vereidigt. Ernannt werden sie durch Kˆniglichen Erlass, was im Grunde bedeutet, dass sie ihre Ernennung selbst vornehmen, denn der Erlass wird aufler vom Kˆnig auch - und zwar im Namen der Minister - vom Ministerpr‰sidenten unterzeichnet.

 


Der Ministerrat

Die Minister bilden gemeinsam den Ministerrat. Sie nehmen die Aufgaben der Regierung wahr. Dazu gehˆren aufler der F¸hrung der Regierungs-
gesch‰fte die Ausarbeitung von Gesetzentw¸rfen, die Durchf¸hrung von Gesetzen, die Aufsicht ¸ber Provinzen und Gemeinden sowie die Pflege ausw‰rtiger Beziehungen.

Jeder Minister ist f¸r ein bestimmtes Politikressort zust‰ndig. Da alle Minister f¸r die gemeinsame Regierungspolitik Verantwortung tragen, werden wichtige Entscheidungen im Ministerrat getroffen, der einmal in der Woche stattfindet. Als Vorsitzender hat der Ministerpr‰sident die Einheit der Regierungspolitik zu wahren.
Aufler den Ministern gibt es noch Staatssekret‰re. Sie ¸bernehmen einen Teil der Aufgaben eines Ministers, gehˆren jedoch nicht dem Ministerrat an. Minister und Staatssekret‰re bilden gemeinsam das Kabinett. Im Unterschied zum Staatssekret‰r hat der ÑStaatsministerì kein Amt inne. Vielmehr handelt es sich hier um einen Ehrentitel, den der Kˆnig besonders verdienten Politikern ñ in der Regel ehemaligen Ministern ñ verleiht.

 


Die Hohen Staatskollegien

Im Folgenden werden drei der - in der Verfassung verankerten - sog. Hohen Staatskollegien genauer behandelt.
Der Staatsrat, 1531 von Karl V. ins Leben gerufen, ist das ‰lteste Staatsorgan der Niederlande. Heute gilt er als hˆchstes Beratungsgremium der Regierung. Den Vorsitz hat der Kˆnig inne, die Mitglieder werden durch Kˆniglichen Erlass auf Lebenszeit ernannt. Der Staatsrat nimmt unter anderem zu s‰mtlichen Gesetzesvorhaben Stellung. Er kann auch aus eigener Initiative Vorschl‰ge zu Fragen auf dem Gebiet der Gesetzgebung und der Verwaltung unterbreiten. Die Regierung ist ¸brigens nicht an die Empfehlungen des Staatsrates gebunden. Zudem fungiert der Rat als hˆchste Rechtsprechungsinstanz bei verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten.
Die Allgemeine Rechnungskammer kontrolliert das Finanzgebaren der ˆffentlichen Hand, d.h. in erster Linie die Einnahmen und Ausgaben der Regierung, der Ministerien, halbstaatlicher Betriebe und juristischer Personen, an denen der Staat finanziell beteiligt ist. Die Provinzen, Gemeinden und Wasserverb‰nde fallen nicht in ihren Zust‰ndigkeitsbereich. Pr¸fkriterien sind die Rechtm‰fligkeit und Zweckm‰fligkeit der Wirtschafts- und Haushaltsf¸hrung. Die Rechnungskammer erstattet dem Abgeordnetenhaus sowohl auf Verlangen als auch unaufgefordert Bericht. Kritik von ihrer Seite hat im Parlament ein hohes Gewicht und kann zum Beispiel dazu f¸hren, dass die Abgeordneten einen Minister wegen eines Fehlverhaltens zur Rechenschaft ziehen. Die Allgemeine Rechnungskammer besteht aus drei Mitgliedern, aus deren Mitte die Regierung einen Pr‰sidenten ernennt.

Seit 1982 gibt es in den Niederlanden den Nationalen Ombudsmann. Jeder kann sich unmittelbar an ihn wenden und eine Untersuchung ¸ber die Handlungen einer bestimmten staatlichen Stelle beantragen. Der Ombudsmann kann auch von sich aus Untersuchungen vornehmen.

Er informiert die Beteiligten ¸ber das Ergebnis seiner Untersuchung. Diese erhalten Gelegenheit zu einer Stellungnahme, bevor er seinen endg¸ltigen Bericht verˆffentlicht. In diesem Bericht beurteilt er das Verhalten der betreffenden Behˆrde und erteilt gegebenenfalls Empfehlungen.

Der Ombudsmann wird vom Abgeordnetenhaus f¸r einen Zeitraum von sechs Jahren ernannt. Er handelt vollkommen unabh‰ngig und erstattet dem Parlament Bericht.

 


Der Wirtschafts- und Sozialrat

Aufler den drei genannten Hohen Staatskollegien stehen der Regierung noch eine Vielzahl weiterer Gremien beratend zur Seite. Das bekannteste ist der Wirtschafts- und Sozialrat (SER). Er ist das Forum f¸r regelm‰flige Beratungen zwischen Regierung, Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Zudem beaufsichtigt der SER die ˆffentlich-rechtlichen Wirtschaftsorganisationen (Markt- und Wirtschaftsverb‰nde) und ist f¸r die Durchf¸hrung bestimmter Gesetze zust‰ndig (u.a. des Betriebsverfassungsgesetzes).

 


Repr‰sentative Demokratie

Alle niederl‰ndischen Staatsangehˆrigen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben das Recht, bei den direkten Wahlen zum Abgeordnetenhaus ihre Stimme abzugeben und selbst f¸r das Parlament zu kandidieren. Das Parlament, die Generalstaaten, besteht aus zwei Kammern. Die Erste Kammer, der Senat, hat 75 Mitglieder, die von den Mitgliedern der Provinzialstaaten (Provinzparlamente), also indirekt, gew‰hlt werden. Die direkt gew‰hlte Zweite Kammer, das Abgeordnetenhaus, umfasst 150 Mitglieder. Die gesamte Gesetzgebung kommt unter Mitwirkung der Volksvertreter zustande. Das Parlament bildet gemeinsam mit dem Kˆnig und den Ministern die gesetzgebende Gewalt. In der Verfassung ist festgelegt, dass alle vier Jahre Wahlen zur Ersten und zur Zweiten Kammer stattfinden m¸ssen. F¸r Aussprachen und Beschl¸sse ist die Anwesenheit von mehr als der H‰lfte der Abgeordneten erforderlich. Beschl¸sse werden mit der Mehrheit der Stimmen gefasst.

 


Vertrauen

Die vollziehende Gewalt liegt bei der Regierung, die dem Parlament gegen¸ber rechenschaftspflichtig ist. Um ihr Amt aus¸ben zu kˆnnen, sind die Minister auf das Vertrauen der Volksvertretung angewiesen. Nach der Kabinettsbildung gibt der Ministerpr‰sident im Abgeordnetenhaus eine Regierungserkl‰rung ab. Spricht das Haus bei der anschlieflenden Abstimmung der Regierung das Vertrauen aus, kann sie mit ihrer Arbeit beginnen. Genieflt ein Minister nicht mehr das Vertrauen des Parlaments, so kann dieses einen Misstrauensantrag stellen. Die Regierung ihrerseits kann in Konfliktsituationen das Parlament auflˆsen und Neuwahlen ansetzen.


Kontrolle

F¸r die Kontrolle der Regierung stehen beiden Kammern des Parlaments vier Instrumente zur Verf¸gung:



 


Antr‰ge

Dar¸ber hinaus kˆnnen beide Parlamentskammern einen Minister oder auch das gesamte Kabinett zu einer bestimmten Handlung oder Unterlassung auffordern. Ein entsprechender Antrag muss von mindestens f¸nf Abgeordneten unterst¸tzt werden, damit dar¸ber abgestimmt werden kann. Die Minister sind nicht verpflichtet, einem angenommenen Antrag zu entsprechen. Ein Misstrauensvotum zwingt das Kabinett allerdings zum R¸cktritt.

Daneben hat die Zweite Kammer, das Abgeordnetenhaus, noch die beiden folgenden Rechte:



Die Mitglieder der Generalstaaten genieflen parlamentarische Immunit‰t, d.h. sie kˆnnen f¸r ihre Aussagen in der Kammer oder in Ausschusssitzungen sowie f¸r ihre schriftlichen ƒuflerungen der Kammer gegen¸ber nicht strafrechtlich verfolgt werden.

 


Die Parteien

In den Niederlanden gibt es relativ viele politische Parteien ñ nicht zuletzt eine Folge der niedrigen Sperrklausel im niederl‰ndischen Verh‰ltnis-
wahlsystem. Die grˆfleren Parteien mit einer langen Tradition in der niederl‰ndischen Politik sind der christdemokratische CDA, die liberale VVD und die sozialdemokratische PvdA. Sie sind wie folgt entstanden:

In den 60er-Jahren fˆrderte die zunehmende S‰kularisierung die Zusammenarbeit zwischen den drei christdemokratischen Parteien Katholische Volkspartei (KVP), Anti-Revolution‰re Partei (ARP) und Christlich-Historische Union (CHU), die sich schliefllich zum Christlich-Demokratischen Appell (CDA) zusammenschlossen. Die Ideologie der Partei basiert auf religiˆsen ‹berzeugungen.

Die liberale Bewegung unter der F¸hrung von Johan Rudolf Thorbecke (1798ñ1872) setzte die Verfassungsreform von 1848 durch. Seit 1948 sind die Liberalen in der Volkspartei f¸r Freiheit und Demokratie organisiert.

Die Wurzeln der 1946 gegr¸ndeten PvdA liegen in der Gewerkschafts-
bewegung. Sie versteht sich als sozialdemokratische Partei und wirbt um Zustimmung in allen Bevˆlkerungsschichten.
Dar¸ber hinaus sind noch einige kleinere Parteien im Parlament vertreten: die Gr¸ne Linke (GroenLinks), die Sozialistische Partei (SP), die sozialliberalen Demokraten 66 (D66), die orthodox-protestantischen Gruppierungen Politisch-Reformierte Partei (SGP) und die Christen-Union (ChristenUnie).
An jeder Wahl kˆnnen neue Parteien teilnehmen. F¸r viele ist die Sperrklausel zu hoch, andere erzielen spektakul‰re Erfolge, so zum Beispiel die Liste Pim Fortuyn (LPF) und die Partei Lebenswerte Niederlande (LN) bei den Wahlen 2002.

Die Parteien m¸ssen selbst f¸r ihre Finanzierung sorgen. Ihre wichtigste Einnahmequelle sind die Mitgliedsbeitr‰ge. Dar¸ber hinaus erhalten sie in begrenztem Mafle Spenden aus der Privatwirtschaft, wobei sie alle Spendeneinnahmen verˆffentlichen m¸ssen. Abgeordnete d¸rfen keinerlei finanzielle Unterst¸tzung vonseiten Dritter annehmen.

Sitzverteilung im Abgeordnetenhaus 1982 1986 1989 1994 1998 2002
Christlich-Demokratischer Appell (CDA) 45 54 54 34 29 43
Liste Pim Fortuyn (LPF) 26
Volkspartei f¸r Freiheit und Demokratie (VVD) 36 27 22 31 38 24
Partei der Arbeit (PvdA) 47 52 49 37 45 23
Gr¸ne Linke (PPR, PSP und CPN) - - 6 5 11 10
Sozialistische Partei (SP) - - - 2 5 9
Demokraten 66 (D66) 6 9 12 24 14 7
Christen-Union (GPV und RPF)           4
Lebenswerte Niederlande           2
Politisch-Reformierte Partei (SGP) 3 3 3 2 3 2
Reformiert-Politischer Bund (GPV) 1 1 2 2 2  
Reformatorisch-Politische Fˆderation (RPF) 2 1 1 3 3
Zentrumsdemokraten (CD) 1 - 1 3 -
Allgemeiner Altenbund (AOV) - - - 6 -
Politische Partei der Radikalen (PPR) 2 2 - - -
Pazifistisch-Sozialistische Partei (PSP) 3 1 - - -
Kommunistische Partei der Niederlande (CPN) 3 - - - -
Evangelische Volkspartei (EVP) 1 - - - -
Union 55+ - - - 1 -
Insgesamt 150 150 150 150 150 150


Die aktuelle Sitzverteilung finden Sie im Internet unter www.regering.nl.

 




Der Rechtsstaat

Die Niederlande sind ein Rechtsstaat. Jede Handlung der Verwaltung muss auf einer gesetzlichen Vorschrift basieren. Mit diesem Grundsatz soll willk¸rliches Handeln vonseiten des Staates verhindert werden. Nicht nur der Inhalt, auch die Form der jeweiligen Handlung m¸ssen den geltenden Rechtsnormen entsprechen. Im Interesse der Rechtssicherheit ist es auflerdem verboten, r¸ckwirkend Vorschriften zu erlassen, die f¸r die B¸rger belastend sind.

Weiteres wesentliches Element eines Rechtsstaates sind die Grundrechte. Sie spielen in der niederl‰ndischen Verfassung eine herausragende Rolle. Artikel 1 der Verfassung lautet: ÑAlle, die sich in den Niederlanden aufhalten, werden in gleichen F‰llen gleich behandelt. Niemand darf wegen seiner religiˆsen, weltanschaulichen oder politischen Anschauung, seiner Rasse, seines Geschlechts oder aus anderen Gr¸nden diskriminiert werden.ì Das gesamte 1. Kapitel der Verfassung ist den Grundrechten gewidmet. Die klassischen Grundrechte sch¸tzen bestimmte Privatbereiche vor staatlichen Eingriffen, die sozialen Grundrechte dagegen erlegen dem Staat gewisse Pflichten auf, z.B. die Daseinsvorsorge und die Sorge f¸r die Wohlfahrt des Einzelnen und der Allgemeinheit.

 


Die Justiz

Schliefllich kennzeichnet sich der Rechtsstaat auch durch das Prinzip der Gewaltentrennung. In den Niederlanden wurde dieser Grundsatz mit der Verfassungs‰nderung von 1848 eingef¸hrt. Die Unabh‰ngigkeit der Recht sprechenden Gewalt ist dabei ein wichtiger Faktor.
Wichtigste Gebiete des niederl‰ndischen Rechtssystems sind das Zivilrecht (oder b¸rgerliche Recht), das Strafrecht und das Verwaltungsrecht. Das Zivilrecht regelt die Rechtsbeziehungen zwischen Personen. Darunter fallen etwa das Familienrecht, das Mietrecht und Teile des Arbeitsrechts. Die Normen des Strafrechts legen fest, f¸r welches - als strafw¸rdig angesehene - Verhalten ein B¸rger wie zu bestrafen ist. Das Verwaltungsrecht enth‰lt die Regeln, nach denen die Tr‰ger ˆffentlicher Gewalt, wie Reich, Provinzen oder Gemeinden, ihre Entscheidungen zu treffen haben. Die niederl‰ndische Verfassung schlieflt Rechtsprechung durch Geschworenengerichte und die Verh‰ngung der Todesstrafe aus.

F¸r die Rechtsprechung in Zivil- und Strafsachen sind 19 Arrondissementgerichte, 5 Gerichtshˆfe und - als oberste Instanz - der Hohe Rat der Niederlande zust‰ndig. Streitigkeiten werden zun‰chst vor einem Arrondissementgericht verhandelt. Anschlieflend haben beide Parteien grunds‰tzlich die Mˆglichkeit, Berufung bei einem Gerichtshof einzulegen. Der Bezirk eines Gerichtshofs umfasst jeweils die Bezirke mehrerer Arrondissementgerichte.

 


Der Hohe Rat

Der in Den Haag ans‰ssige Hohe Rat ist das hˆchste Zivil- und Strafgericht der Niederlande. Er besteht aus einem Pr‰sidenten, sechs Vizepr‰sidenten und 35 sog. Ratsherren. Der Hohe Rat pr¸ft angefochtene Urteile nachgeordneter Gerichte nur in rechtlicher Hinsicht, befindet also nicht ¸ber den Sachverhalt selbst. Kommt er zu dem Schluss, dass das Gericht der Vorinstanz das geltende Recht nicht korrekt angewandt hat, hebt er dessen Urteil auf und verweist die Sache an die Vorinstanz zur¸ck, allerdings an ein anderes Gericht. Dar¸ber hinaus kann der Hohe Rat auch Entscheidungen in Angelegenheiten treffen, die auf den Niederl‰ndischen Antillen oder auf Aruba gerichtlich verhandelt wurden. Die Rechtsprechung des Hohen Rates ist in den Niederlanden eine wichtige Rechtsquelle. Der Hohe Rat ist jedoch kein Verfassungsgericht; er besitzt nicht die Befugnis, ein Gesetz, das er als nicht verfassungskonform ansieht, f¸r nichtig zu erkl‰ren. Er wird aber - ebenso wie alle anderen Gerichte - ein Gesetz, das einem f¸r die Niederlande verbindlichen vˆlkerrechtlichen Vertrag widerspricht, nicht anwenden. Im niederl‰ndischen Rechtssystem steht n‰mlich das Vˆlkerrecht ¸ber dem innerstaatlichen Recht. Dieser Grundsatz wurde in den 1950er-Jahren in der Verfassung verankert. Die Niederlande sind Anh‰nger des sog. Monismus, d.h. der Auffassung, dass nationales und internationales Recht zusammen eine einheitliche Rechtsordnung bilden.

Neben den Zivil- und den Strafgerichten gibt es zahlreiche andere gerichtliche Organe, etwa die verschiedenen verwaltungsgerichtlichen Instanzen und die Milit‰rgerichte. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist folgendermaflen aufgebaut: Die erste Instanz f¸r verwaltungsrechtliche Angelegenheiten ist in der Regel die Verwaltungskammer eines Arrondissementgerichts. Bei Streitigkeiten im Bereich des Sozialversicherungs- und des Beamtenrechts kann anschlieflend Berufung beim Zentralen Berufungsrat eingelegt werden. Berufungsinstanz f¸r alle anderen Verwaltungssachen ist im Allgemeinen die Abteilung Verwaltungsstreitigkeiten des Staatsrates.

 




Reich, Provinzen und Gemeinden

Die ˆffentliche Verwaltung in den Niederlanden ist in drei Ebenen gegliedert: Reich, Provinzen und Gemeinden. Das Reich ist f¸r Angelegenheiten von nationalem Interesse zust‰ndig. Nachgeordnete Gebietskˆrperschaften sind die Provinzen und die Gemeinden. Dar¸ber hinaus gibt es noch die Wasserverb‰nde, die mit der Ausf¸hrung konkreter wasserwirtschaftlicher Aufgaben in einem bestimmten Bezirk betraut sind.

Die Niederlande bestehen aus zwˆlf Provinzen. Die Provinzen nehmen Aufgaben in den Bereichen Umwelt, Raumordnung, Energieversorgung, Soziales, Sport und Kultur wahr. St‰ndige Organe einer Provinz sind die Provinzialstaaten (das von den B¸rgern gew‰hlte Provinzparlament), das Kollegium der Deputiertenstaaten (Exekutive) und der Kommissar des Kˆnigs (Vertreter der Krone mit Aufsichtsfunktion).

Des Weiteren gibt es in den Niederlanden zurzeit 496 Gemeinden. Diese Zahl wird sich aber in den kommenden Jahren verringern. Die Regierung will n‰mlich durch eine Gebietsreform - kleinere Gemeinden sollen zusammengelegt werden oder in grˆfleren Gemeinden aufgehen - mehr Effizienz erreichen. Die Gemeinde ist f¸r Wasserwirtschaft und Verkehr, f¸r das Wohnungswesen, f¸r die ˆffentlichen Schulen, f¸r das kommunale Sozial- und Gesundheitswesen, f¸r Kultur, Sport und Erholung zust‰ndig.

 


Gemeindeverwaltung

In jeder Gemeinde gibt es einen Gemeinderat und einen Magistrat - ein Kollegialorgan, das sich aus dem B¸rgermeister und den Beigeordneten zusammensetzt. Die Gemeindeverwaltungen stehen unter der Aufsicht der Provinzen und der Regierung, die sich bei der Aus¸bung ihrer Aufsichtspflicht jedoch grofle Zur¸ckhaltung auferlegen. Der Gemeinderat wird alle vier Jahre direkt von den wahlberechtigten Einwohnern der betreffenden Gemeinde gew‰hlt. Ausl‰nder aus Nicht-EU-L‰ndern kˆnnen an den Kommunalwahlen teilnehmen, wenn sie sich seit mindestens f¸nf Jahren legal in den Niederlanden aufhalten, EU-B¸rger, sobald sie einen Wohnsitz in den Niederlanden haben.
Der Gemeinderat w‰hlt aus seiner Mitte die Beigeordneten. Die Zahl der Gemeinderatsmitglieder und der Beigeordneten ist an die Einwohnerzahl der Gemeinde gekoppelt. Der B¸rgermeister wird auf Vorschlag des Kommissars des Kˆnigs von der Regierung f¸r sechs Jahre ernannt.

 


Die Wasserverb‰nde

Die Wasserverb‰nde gehˆren zu den ‰ltesten Tr‰gern demokratischer Verwaltung in den Niederlanden. Die Geschichte mancher Wasserverb‰nde reicht bis ins Mittelalter zur¸ck. Die Wasserwirtschaft ist schliefllich sehr wichtig in einem Land, dessen Landfl‰che zu rund einem Viertel unter dem Meeresspiegel liegt. Wie Reich, Provinzen und Gemeinden sind auch die Wasserverb‰nde Kˆrperschaften des ˆffentlichen Rechts. Ihre wichtigsten Aufgaben sind der Bau und die Unterhaltung von D‰mmen, Deichen und Schleusen, die Regulierung der Wasserst‰nde, die Be- und Entw‰sserung von Grundst¸cken und die Gew‰hrleistung der Wasserqualit‰t. Der Vorstand eines Wasserverbands wird seit alters von den Haus- und Grundst¸ckseigent¸mern im betreffenden Amtsbezirk gew‰hlt.

 


Dezentralisierung

Im Rahmen einer Verwaltungsreform ist zurzeit ein umfassender Dezentralisierungsprozess im Gang; immer mehr Aufgaben und Befugnisse werden vom Reich auf die Provinzen und Gemeinden ¸bertragen. Dadurch wird der Abstand zwischen B¸rgern und Verwaltung verringert und dem B¸rokratismus entgegengewirkt. Ferner gibt das Gemeindegesetz St‰dten ab 100 000 Einwohnern die Mˆglichkeit, Teilgemeinden mit Teilgemeinder‰ten einzurichten. Eine solche innergemeindliche Dezentralisierung wurde bisher aber lediglich in Amsterdam und in Rotterdam durchgef¸hrt.
Zur Deckung ihrer Ausgaben verf¸gen die Provinzen und Gemeinden ¸ber zwei Einnahmequellen: Neben den eigenen Einnahmen aus Steuern und Abgaben erhalten sie Mittel aus der Staatskasse. Der ganz ¸berwiegende Teil der staatlichen Mittel besteht aus zweckgebundenen Zuwendungen. Dar¸ber hinaus erhalten die Provinzen und Gemeinden allgemeine Mittel aus dem Provinzial- bzw. Gemeindefonds, die sie in der Regel nach eigenem Ermessen einsetzen kˆnnen. Die Eigeneinnahmen sind meist geringer als die vom Staat bereitgestellten Mittel oder erreichen in etwa die gleiche Hˆhe. Eigene Einnahmequellen der Gemeinden sind neben der Immobiliensteuer und der Hundesteuer die Kurtaxe und verschiedene andere Abgaben und Geb¸hren.

 




Auflenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit

Vordringlichstes Ziel der niederl‰ndischen Auflenpolitik ist die Sicherung des Friedens, der Freiheit und des Wohlstands in der Welt. Die Entwicklungszusammenarbeit ist integraler Bestandteil dieser Politik. Daher stehen zwei Minister an der Spitze des Auflenministeriums: der Minister f¸r ausw‰rtige Angelegenheiten und der Minister f¸r Entwicklungszusammenarbeit.
Die Auflenpolitik der Niederlande nimmt zu einem groflen Teil in multilateralen Organisationen wie den Vereinten Nationen, der Europ‰ischen Union und der NATO Gestalt an. Auf bilateraler Ebene setzen sich die Niederlande vor allem f¸r gute Beziehungen mit den Nachbarl‰ndern ein - mit den Benelux-Partnern Belgien und Luxemburg, mit Deutschland und Frankreich, mit Groflbritannien und den skandinavischen L‰ndern. Dar¸ber hinaus engagieren sich die Niederlande in Mittel- und Osteuropa, wo sie aktiv den ‹bergang zu Demokratie und Marktwirtschaft unterst¸tzen.

 




Internationale Tradition

Die Niederlande gehˆren zu den Gr¸ndungsmitgliedern des Internationalen W‰hrungsfonds (IWF) und der Weltbank, der Vereinten Nationen, der Westeurop‰ischen Union (WEU), der NATO und der Europ‰ischen Gemeinschaften (heute EU). Allein schon aufgrund ihrer geringen Grˆfle und ihrer stark international orientierten Wirtschaft haben sie grofles Interesse an einem stabilen internationalen Umfeld. Dies war auch in der Vergangenheit schon so. Der Niederl‰nder Hugo de Groot, auch Hugo Grotius genannt, schuf im 17. Jahrhundert mit seinen Traktaten ÑMare liberumì (dt. ÑFreiheit der Meereì) und ÑDe iure belli ac pacisì (dt. ÑVom Recht des Krieges und des Friedensì) die Grundlagen f¸r das moderne Vˆlkerrecht. Dazu kommt noch, dass immer mehr Probleme, etwa im Bereich der Umwelt, nur auf globaler Ebene gelˆst werden kˆnnen.

Die Niederlande setzen sich aber nicht nur im eigenen Interesse f¸r die Fˆrderung der internationalen Rechtsordnung und f¸r die Weiterentwicklung des Vˆlkerrechts ein. Demokratie und Menschenrechte sind Grundwerte, die tief in der niederl‰ndischen Gesellschaft verwurzelt sind. Die ersten Friedenskonferenzen (1899 und 1907) fanden in Den Haag statt.

Hier befinden sich auch der Internationale Gerichtshof, der St‰ndige Schiedshof und das Jugoslawien-Tribunal. Auch der Internationale Strafgerichtshof und die Organisation f¸r das Verbot chemischer Waffen (OPCW) haben hier ihren Sitz.

Die Niederlande beteiligen sich regelm‰flig an UNO-Friedensoperationen. Des Weiteren bem¸hen sie sich um die St‰rkung der Organisation f¸r Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), u.a. auf dem Gebiet der Konfliktverh¸tung, der Friedenssicherung und des Minderheitenschutzes.

 




Die Nordatlantische Allianz

In Zeiten, in denen sich in Europa so vieles ver‰ndert, ist neben der europ‰ischen Integration die atlantische Zusammenarbeit ein unverzichtbarer Stabilit‰tsfaktor. Die Niederlande vertreten darum den Standpunkt, dass die Vereinigten Staaten weiterhin aktiv an der Sicherung des Friedens und der Stabilit‰t in Europa beteiligt bleiben m¸ssen. Die NATO bietet hierf¸r den geeigneten Rahmen.

 




Die Niederlande und die Europ‰ische Union

Der erste Schritt auf dem Weg zu einer europ‰ischen Union wurde 1952 mit der Gr¸ndung der Europ‰ischen Gemeinschaft f¸r Kohle und Stahl (EGKS) gemacht. Sp‰ter bildete diese zusammen mit der Europ‰ischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europ‰ischen Atomgemeinschaft (EURATOM) die Europ‰ischen Gemeinschaften (EG). Seit dem In-Kraft-Treten des Vertrags von Maastricht 1993 spricht man nun von der Europ‰ischen Union (EU). Als Gr¸ndungsmitglied haben die Niederlande groflen Anteil am Zustandekommen dieser Union. Die Niederl‰nder haben sich schon immer f¸r die St‰rkung des Gemeinschaftselements im Rahmen der europ‰ischen Zusammenarbeit eingesetzt. Auch hier spielt wieder das Interesse eines kleinen Landes an einer ¸bergeordneten Rechtsordnung eine entscheidende Rolle. Schliefllich bietet eine Organisation wie die EU, die sich nicht von nationalen, sondern von gemeinschaftlichen Interessen leiten l‰sst, gerade kleinen L‰ndern einen gewissen Schutz.
Der exportorientierten niederl‰ndischen Wirtschaft haben EG und EU groflen Nutzen gebracht. Agrar- und Industrieprodukte kˆnnen jetzt ohne grofle Formalit‰ten in alle EU-Mitgliedstaaten exportiert werden. Mehr als drei Viertel des gesamten niederl‰ndischen Exports gehen in L‰nder der EU. Beim Export von Agrarerzeugnissen belegen die Niederlande innerhalb der EU nach Frankreich den zweiten Platz.

EU-Erweiterung f¸r Wohlstand und Sicherheit
F¸r die B¸rgerinnen und B¸rger muss die europ‰ische Zusammenarbeit auch sp¸rbar sein: Sie m¸ssen in Freiheit und Sicherheit leben kˆnnen. F¸r die Niederlande ist die EU ein Rahmen f¸r Stabilit‰t, Demokratie und nachhaltigen Wohlstand. Auch in Zukunft werden sie sich aktiv f¸r die europ‰ische Kooperation einsetzen. Die europ‰ische Integration ist f¸r sie eine Voraussetzung f¸r Wohlstand und ein Instrument zur Schaffung eines stabilen Umfeldes.

Im Mai 2004 ist die Europ‰ische Union um zehn L‰nder erweitert worden. Dieser historische Schritt besiegelt das Ende der Teilung Europas, die w‰hrend des Kalten Krieges die Verh‰ltnisse auf unserem Kontinent bestimmte. Die historische Bedeutung der Erweiterung steht aufler Frage, sie darf allerdings nicht zu einer Schw‰chung der EU f¸hren.

Vorreiterrolle
Die Erweiterung um zehn L‰nder und der mˆgliche Beitritt Rum‰niens, Bulgariens und der T¸rkei zu einem sp‰teren Zeitpunkt machen Reformen der europ‰ischen Institutionen dringlicher denn je. Die Niederlande haben sich im Europ‰ischen Konvent f¸r institutionelle Reformen in der EU eingesetzt. Die Verfassung soll die Union demokratischer und transparenter machen und die Institutionen vertiefen und st‰rken. Die Vertiefung soll zur Erschlieflung neuer Bereiche f¸r die europ‰ische Zusammenarbeit f¸hren, die St‰rkung zielt auf effizientere Entscheidungsstrukturen in den europ‰ischen Organen ab.

Neue Nachbarn
Ein weiterer Schwerpunkt der niederl‰ndischen Regierung ist die St‰rkung der Auflenpolitik der EU. In den kommenden Jahren geht es dabei um die Gestaltung der Beziehungen der EU zu Russland, zu ihren neuen Nachbarn Weiflrussland, Ukraine und Moldawien, zu den Balkanl‰ndern und zu den Mittelmeeranrainerstaaten. Auflerdem will die Regierung der Gemeinsamen Auflen- und Sicherheitspolitik (GASP) und der Europ‰ischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) zu einem noch hˆheren Stellenwert auf der europ‰ischen Agenda verhelfen.

Viel ist auf diesen Gebieten schon erreicht worden. Das gilt aber auch f¸r andere Politikfelder, man denke an die Einf¸hrung des Euro, die Koordinierung der Wirtschafts- und Sozialpolitik, die St‰rkung der Wettbewerbsf‰higkeit Europas, die Ausgestaltung der Asyl- und Migrationspolitik und die Reform der europ‰ischen Institutionen.

 




Entwicklungszusammenarbeit

Hauptziel der niederl‰ndischen Entwicklungspolitik ist die nachhaltige Bek‰mpfung der Armut. Faktoren wie ein leistungsf‰higes Gesundheitswesen, f¸r jedermann zug‰ngliche und qualitativ gute Bildungseinrichtungen, ˆkonomische Prosperit‰t, ein fairer Wettbewerb im internationalen Handel, eine verminderte Schuldenlast und eine gesunde Umwelt tragen zu besseren Lebensbedingungen bei. Die Niederlande unterst¸tzen den Entwicklungsprozess in einer begrenzten Zahl von L‰ndern. Die Empf‰ngerl‰nder entscheiden weitgehend selbst ¸ber die Verwendung der Mittel, die Niederlande achten aber darauf, dass dabei die international vereinbarten Priorit‰ten f¸r Entwicklungszusammenarbeit ber¸cksichtigt werden: verantwortungsvolle Regierungsf¸hrung (Good Governance), Armutsbek‰mpfung, Frauen und Entwicklung sowie Umweltschutz. Die Niederlande unterst¸tzen 22 L‰nder mit langfristiger bilateraler Hilfe. Dar¸ber hinaus arbeiten sie mit rund 30 L‰ndern auf bestimmten Sachfeldern wie Umwelt, Wirtschaft, Menschenrechte, Peace-Building und Good Governance zusammen. F¸r 2003 stehen 0,8 % des niederl‰ndischen Bruttosozialprodukts f¸r Maflnahmen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zur Verf¸gung. Die Gelder werden ¸ber private, multilaterale und bilaterale Kan‰le verteilt. Auch k¸nftig werden die Aidsproblematik und die Fˆrderung der Grundbildung in Entwicklungsl‰ndern wichtige Schwerpunktthemen der niederl‰ndischen Entwicklungspolitik sein.

Die Verteilung der ˆffentlichen Gelder f¸r Entwicklungszusammenarbeit erfolgt ¸ber drei Kan‰le. Etwa ein Drittel des Gesamtbudgets wird direkt an die Regierungen der Empf‰ngerl‰nder gezahlt. Ein Viertel erreicht die Adressaten ¸ber multilaterale Kan‰le, etwa die UN-Organisationen, die EU und die Bretton-Woods-Institutionen. Die Verteilung der restlichen Gelder erfolgt ¸ber private Einrichtungen, u.a. ¸ber Kofinanzierungsorganisationen und ¸ber die Niederl‰ndische Entwicklungsorganisation SNV.

Die Niederlande sind bestrebt, die Verantwortung f¸r die Planung und Durchf¸hrung von Entwicklungsprojekten mˆglichst den Empf‰ngerl‰ndern zu ¸bertragen. Dies setzt nat¸rlich voraus, dass beispielsweise die beteiligten Behˆrden in der Lage sind, ihre Aufgaben angemessen wahrzunehmen (Stichwort: verantwortungsvolle Regierungsf¸hrung). Noch st‰rker als in der Vergangenheit achten die Niederlande darauf, dass ihre Partner die Anforderungen in diesem Punkt erf¸llen. Bislang wurde ein grofler Teil der Entwicklungshilfe in Form von Projekthilfe geleistet. K¸nftig soll der Schwerpunkt st‰rker auf gesamtwirtschaftlicher Unterst¸tzung, Programmhilfe, sektorspezifischer Hilfe und Zahlungsbilanzhilfe liegen. Auch sollen vermehrt Programme zur St‰rkung der institutionellen Strukturen in den Entwicklungsl‰ndern durchgef¸hrt werden.

 




Verteidigung

Die niederl‰ndischen Streitkr‰fte haben drei Hauptaufgaben:



Zurzeit sind gut 1500 niederl‰ndische Soldaten bei Friedensoperationen in aller Welt im Einsatz. Krisenbew‰ltigung, humanit‰re Hilfe und Katastrophenhilfe werden immer wichtiger. Daher arbeiten die niederl‰ndischen Streitkr‰fte in den letzten Jahren verst‰rkt mit den Streitkr‰ften anderer L‰nder zusammen.

 




Die Kˆnigliche Marine

Die niederl‰ndischen Seestreitkr‰fte sind immer h‰ufiger an kombinierten Operationen an Land und in der Luft beteiligt. Fregatten der Kˆniglichen Marine sind Teil der St‰ndigen Seestreitmacht Atlantik und der St‰ndigen Seestreitmacht Mittelmeer der NATO; der St‰ndigen Seestreitmacht ƒrmelkanal gehˆren auch niederl‰ndische Minenr‰umboote an. Mit der belgischen Marine wird schon seit Jahren eng zusammengearbeitet, was dazu f¸hrte, dass am 1. Januar 1996 auch die Einsatzst‰be der beiden Seestreitkr‰fte vereinigt und unter das Kommando eines Benelux-Admirals gestellt wurden. Das gemeinsame Hauptquartier befindet sich in Den Helder.
Auflerdem leistet die Kˆnigliche Marine einen wichtigen Beitrag zum Schutz des Hoheitsgebiets einschliefllich der Hoheitsgew‰sser der Niederl‰ndischen Antillen und Arubas. Sie ist zust‰ndig f¸r die operationelle Leitung der K¸stenwache in den Niederlanden und im karibischen Gebiet. Auch die Beseitigung von Sprengkˆrpern, z.B. von Seeminen aus dem Zweiten Weltkrieg, gehˆrt zu ihren Aufgaben. Nicht zuletzt f¸hrt die Marine hydrografische und ozeanografische Messungen durch und fertigt Seekarten an.

 




Das Kˆnigliche Heer

Die Hauptaufgaben des Kˆniglichen Heeres sind:



Das Heer operiert gemeinsam mit der Kˆniglichen Marine und der Kˆniglichen Luftwaffe. Dar¸ber hinaus besteht bereits seit f¸nfzig Jahren eine enge Zusammenarbeit mit den NATO-B¸ndnispartnern, die in den letzten Jahren noch intensiver geworden ist. So gehˆren alle Kampfeinheiten des Kˆniglichen Heeres seit August 1995 dem Deutsch-Niederl‰ndischen Korps an, das an die Stelle eines rein niederl‰ndischen Korps getreten ist. Mit Groflbritannien wird ebenfalls eng zusammengearbeitet, vor allem bei der Vorbereitung von Friedensoperationen. Auch die Kooperation im Rahmen der Partnerschaft f¸r den Frieden nimmt immer konkretere Formen an. Auf Bitten des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen entsenden die Niederlande Einheiten in Krisengebiete auflerhalb des NATO-Gebiets. Je nach der Situation vor Ort ¸bernimmt das Kˆnigliche Heer verschiedene Aufgaben:



Bedienstete und Material des Kˆniglichen Heeres werden auch regelm‰flig f¸r Eins‰tze zu zivilen Zwecken angefordert. Die T‰tigkeiten variieren vom Bau von Notbr¸cken bis zur Bereitstellung von Zelten. Teils geschieht dies unentgeltlich, teils wird eine Gegenleistung oder eine Beteiligung an den Kosten verlangt. Das Heer wird auch von anderen staatlichen Einrichtungen um Hilfe gebeten, wenn deren eigenes Material oder deren Kenntnisse in einer bestimmten Situation nicht ausreichend sind.

 




Die Kˆnigliche Luftwaffe

Auch die Kˆnigliche Luftwaffe kommt weltweit bei der Durchf¸hrung von Krisenbew‰ltigungsmaflnahmen, humanit‰ren Hilfsmaflnahmen und Maflnahmen zur Katastrophenhilfe zum Einsatz. Auflerdem unterst¸tzt sie Operationen des Heeres und der Marine, f¸hrt Aufkl‰rungsfl¸ge durch, sichert den Luftverkehr in einem Teil des niederl‰ndischen Luftraums und gew‰hrleistet die Sicherheit des in der Karibik gelegenen Teils des Kˆnigreichs. Sie f¸hrt Evakuierungen durch, beteiligt sich an der Suche und Rettung der Opfer von Flugzeugabst¸rzen, ¸bernimmt die Lufttransporte f¸r die anderen Teilstreitkr‰fte und befˆrdert Mitglieder des Kˆnigshauses und der Regierung.
Zu den zivilen Aufgaben der Luftwaffe gehˆren unter anderem der Transport Kranker und Verletzter von den Westfriesischen Inseln, die Durchf¸hrung von Aufkl‰rungsfl¸gen f¸r Zwecke der Justiz und der Einsatz von Menschen und Material im Katastrophenfall, etwa bei einer Hochwasserkatastrophe. Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, verf¸gt die Luftwaffe ¸ber hochmodernes Material. Sie unterh‰lt unter anderem zwei Hubschrauberflugpl‰tze (Gilze-Rijen und Soesterberg), einen Transportflugplatz (Eindhoven) und drei Luftst¸tzpunkte, auf denen F-16-Bomber stationiert sind (Leeuwarden, Twenthe und Volkel). Auflerdem verf¸gt die Luftwaffe ¸ber eine Flugkˆrperstaffel auf dem Fliegerhorst ÑDe Peelì bei Venray.

 




Die Kˆnigliche Marechaussee

Die Kˆnigliche Marechaussee ist eine polizeiliche Organisation mit milit‰rischem Status. Ihre Aufgaben sind sehr vielf‰ltig; sie operiert sowohl im zivilen als auch im milit‰rischen Bereich. Dies erfordert von ihrem Personal grofle Flexibilit‰t. Die Eins‰tze beschr‰nken sich nicht auf die Niederlande, sondern erfolgen auch in anderen Teilen der Welt. Als Teil der Streitkr‰fte untersteht die Marechaussee zwar dem Ministerium der Verteidigung, sie stellt ihre Dienste aber auch anderen Ministerien zur Verf¸gung. Bez¸glich der Durchf¸hrung ihrer Aufgaben, die im Polizeigesetz von 1993 festgelegt sind, ist die Marechaussee der Polizei gleichgestellt.
Die Kˆnigliche Marechaussee fungiert als Milit‰rpolizei f¸r die Kˆnigliche Marine, das Kˆnigliche Heer und die Kˆnigliche Luftwaffe. Dar¸ber hinaus nimmt sie auf dem internationalen Flughafen Schiphol und auf den Flugh‰fen Rotterdam, Maastricht-Aachen, Eindhoven und Groningen polizeiliche Aufgaben wahr und ist f¸r die Sicherheit verantwortlich. Auf Wunsch kann die Kˆnigliche Marechaussee die zivilen Polizeieinheiten unterst¸tzen, wenn es um die Aufrechterhaltung der ˆffentlichen Ordnung oder um die Verfolgung von Straftaten geht.

 


Grenzsicherung

Seit In-Kraft-Treten des Schengener ‹bereinkommens im Jahr 1994 werden die Binnengrenzen des Schengen-Gebiets - bestehend aus den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Deutschland, Frankreich, Spanien und Portugal - nicht mehr ¸berwacht; an den Grenzen im Osten und S¸den der Niederlande werden also keine Personenkontrollen mehr durchgef¸hrt. Daher wurde der Marechaussee die Aufgabe ¸bertragen, durch mobile Kontrollen die illegale Zuwanderung und den illegalen Aufenthalt von Ausl‰ndern zu bek‰mpfen. Dar¸ber hinaus konzentriert sich die Marechaussee auf die ‹berwachung der Auflengrenzen des Schengen-Gebiets in den Niederlanden, also der Seeh‰fen (mit Ausnahme des Rotterdamer Hafens), des internationalen Flughafens Schiphol und weiterer Flugh‰fen.